EINIGE GEDANKEN…..
…..ÜBER EINE GELBWESTENBEWEGUNG OHNE GELBWESTEN
ODER: WIE IMMER NOCH EIN GROSSER TEIL DER BEVÖLKERUNG MIT BERECHTIGTEN ANLIEGEN DIE STRASSEN FLUTET UND DIE LINKE KANN ODER WILL DAS NICHT WAHRNEHMEN
Das Auftreten der sogenannten Gelbwestenbewegung, wegen der schon damals herrschenden sozialen Not bestimmter Bevölkerungsteile in Frankreich, war vor einigen Jahren ein Durchbruch und ein Wendepunkt, bezüglich der lähmenden Zähigkeit von reaktionärer Staatspolitik und dem angepassten bis begeisterten Verhalten von Kräften, welche sich als links verstanden und auch so eingeordnet wurden. Tatsächlich hatten sich allerdings auch in Frankreich, genau wie in anderen entwickelten kapitalistischen Staaten, schon länger Gewerkschaftsfunktionäre, Aktivisten aus den unterschiedlichsten linken Gruppierungen, oder sogar kommunistischen Parteien, doch sehr weit dem staatlichen Mainstream unterworfen. Insbesondere bezüglich der geplanten Energiepolitik und der dekadenten Haltung der herrschenden Klasse, gab es bis zum Ausbruch dieser Gelbwestenbewegung sehr viel Übereinstimmung von größeren Teilen der Linken Frankreichs und den Vorgaben des kapitalistischen Staatsapparates.
Die Wucht mit der diese neue soziale Bewegung in die damaligen politischen Verhältnisse hineinstieß, war schon erheblich und auch durchaus wirkungsvoll. Tatsächlich gelang es dem kapitalistischen Staatsapparat auch nur durch äußerst brutale Vorgehensweisen, diese Bewegung nach einiger Zeit wieder einzudämmen. Allerdings hat diese Bewegung mit ihrer Kampfkraft und ihrem zähen Mut durchaus bewirkt, dass die sozialen Fragen tatsächlich auch wieder stärker in den Mittelpunkt des politischen Geschehens rückten. Auch weil weite Teile der Linken Frankreichs scheinbar doch lernfähig waren und rechte Elemente, die sich mit entsprechender Zielsetzung in diese Bewegung gedrängt hatten, vertrieben wurden. Ein erheblicher Teil der Gelbwestenbewegung, geht heute ganz selbstverständlich in der von Linken, Gewerkschaften und Unorganisierten geformten sozialen Bewegung Frankreichs auf. Das lässt für die nähere, auf alle Fälle aber für die fernere Zukunft hoffen.
WIE LERNFÄHIG IST EIGENTLICH DIE HIESIGE LINKE?
Auch in Deutschland existiert eine Bewegung, welche weitestgehend geächtet wird von den Propagandisten des kapitalistischen Systems und leider auch von weiten Teilen der Linken. Diese Bewegung hat sich im Zuge der diktatorischen Vorgehensweise des Staatsapparates, für die eine etwas andere Form einer Grippeerkrankung herhalten musste gebildet. Sie war eine weitestgehend bürgerliche Demokratiebewegung. Obwohl eine bürgerliche Bewegung, war sie doch teilweise schärfster und brutalster Verfolgung ausgesetzt. Trotzdem wehrten sich zehntausende, unter Umständen sogar hunderttausende Menschen, gegen die vollkommen überzogenen und weitestgehend unberechtigten Maßnahmen des hiesigen Staatsapparates. Prügel- und Verhaftungsorgien des staatlichen Unterdrückungsapparates, verbotene oder zerschlagene Kundgebungen dieser Demokratiebewegung, eine mediale Hetze sondergleichen, konnten allerdings einen Großteil dieser Bewegung trotzdem nicht einschüchtern. Ein Stück weit kapitulierte der Staatsapparat sogar vor dieser Bewegung. Nämlich als diese dazu überging, über das ganze Land verteilt, sogenannte Spaziergänge zu organisieren. Das waren dann öfter auch schon mal tausende Teilnehmer, nicht angemeldet und sich teilweise den Weg erzwingend. Alle angemeldeten großen Veranstaltungen wurden vom Staatsapparat massiv drangsaliert, da konnte er sich gut vorbereiten. Bei den unangemeldeten massenhaften Spaziergängen im ganzen Land, oftmals zur gleichen Zeit am gleichen Tag, kam auch dieser in Punkto Bevölkerungseinschüchterung hochgerüstete Staatsapparat an seine Grenzen. Inzwischen hat sich das ein bisschen sortiert, „Spaziergänger“ melden wieder häufiger ihre Manifestationen an und der Staatsapparat verfolgt nicht mehr jeden unangemeldeten „Spaziergang“ als wenn er von hochkriminellen Elementen organisiert wäre.
Auch in anderer Hinsicht hat sich etwas verändert bei diesen sogenannten Spaziergängen und anderen Manifestationen der Demokratiebewegung. War ursprünglich das Thema Corona/Impfung im absoluten Vordergrund, so wandelt sich jetzt die Thematik seit dem Angriffskrieg Russlands und insbesondere im Zuge des vom US-Imperialismus angewiesenen und von seinen Vasallen auch unterwürfig angewendeten Wirtschaftskrieges gegen Russland. Kritik bezüglich der Vorgehensweise des Staatsapparates in der Coronafrage tritt in den Hintergrund. Stattdessen nehmen die Fragen von Krieg und Frieden, von bezahlbarer ausreichender Energieversorgung und den ganzen damit verbundenen sozialen Verwerfungen, eine wichtige, wahrscheinlich inzwischen sogar eine dominierende Rolle bei solchen Manifestationen ein. Inzwischen fluten auch schon wieder zehntausende Menschen die Straßen in unzähligen kleineren und größeren Orten des Landes. Die so gewandelten Manifestationen der Demokratiebewegung gegen die diktatorischen CORONA-Maßnahmen, welche eine Zeitlang geschwächelt hatten, scheinen mit veränderter Schwerpunktsetzung wieder enorm anzuwachsen. Und es kann ja eigentlich auch gar nicht anders sein. Das lässt sich doch normalerweise keine Bevölkerung unwidersprochen bieten, was da von der herrschenden Klasse aktuell an Zumutungen über die Mehrheit der Bevölkerung verhängt wird.
Aus Kreisen dieser Demokratiebewegung, wird derzeit die stärkste Empörung bezüglich der sozialen Verwerfungen und der hier herrschenden Kriegstreiberei auf die Straße gebracht. Und es ist absehbar, dass sich dies noch erheblich verstärken wird, wenn die massenfeindlichen Maßnahmen der herrschenden Klasse und ihres Apparates hier erstmal richtig zur Wirkung kommen. Wie nervös die herrschende Bande deswegen schon wird, kann man unschwer an der auch in diesem Zusammenhang forcierten Hetze des Staatsapparates und seiner Medien gegen diese Bewegung gerichtet, erkennen.
Das wird die Demokratiebewegung nur bedingt erschüttern können, zumal unserer Ansicht nach derzeit durchaus auch immer mehr abhängig Beschäftigte auch aus den Arbeiter- und Angestelltenschichten, bei solchen Anlässen scheinbar mangels glaubwürdiger Alternative, ebenfalls ihren berechtigten Unmut auf die Straße tragen. Eine ganz andere Gefahr ist, dass in dieser Bewegung bisher wenig Zielsetzung für eine fortschrittliche Gesellschaftsordnung erkennbar ist. Die geplanten Schweinereien des kapitalistischen Apparates zu verhindern, ist ja die eine Sache, aber wo soll es hingehen? Wie kann man in Zukunft sicherstellen, dass solche gefährlichen Entwicklungen wie aktuell, nicht die Oberhand bekommen?
Vielleicht überschauen wir nicht alles, aber in der Hinsicht scheint das Potential bisher eher gering zu sein in dieser Bewegung. In früheren Zeiten gab es dafür mal eine Linke, die sich mit solchen Fragen intensiv befasst hat und empörten Menschen auch eine Perspektive aufzeigen konnte. Womit sich beträchtliche Teile dessen, was sich als Linke versteht eigentlich heute befassen, weiß man gar nicht so genau. Und da wo man es weiß, treibt es einem teilweise kalte Schauer den Rücken runter. Gender-Gaga, Dekadenz und Perversion die teilweise so verbraten werden, können einen langjährigen Linken schon ganz schön erschüttern. Wieviel mehr erst die sogenannte Normalbevölkerung?
Die Unruhe in der Bevölkerung ist sozusagen körperlich spürbar, es sind jetzt schon Massen auf den Straßen und es werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch mehr werden. Wo aber ist eine starke Linke, welche der berechtigten Empörung eine starke Stimme geben und ganz wichtig auch eine Perspektive und ein fortschrittliches Ziel aufzeigen könnte?
Natürlich gibt es auch Linke, die genau daran arbeiten, aber mit der Gesamtlinken dieses Landes sieht es doch eher etwas traurig aus. Die Linken in Frankreich haben scheinbar gelernt aus ihren Fehlern. Kontingente von Gelbwesten, laufen heute ganz selbstverständlich in den Kapitalismuskritischen Demonstrationen in Frankreich mit, es ist zu hoffen, dass auch die Linke Deutschlands noch lernfähig ist.
Große Demonstrationen aus ganz unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung zusammengesetzt, mit nur allzu berechtigten Forderungen, finden fast täglich statt. Dagegen wirken die von Linken organisierten Manifestationen derzeit eher schwach und erbärmlich, meistens ist die „Familie“ unter sich. Vielleicht müsste doch mal die Realität wahrgenommen werden. Von den zehntausenden die derzeit die Straßen fluten, sind mit Sicherheit nur eine verschwindende Minderheit unsere faschistischen Todfeinde, auch wenn die Staatspropaganda ein anderes Bild erzeugen will. Allerdings sollten diejenigen Apparatschiks aus den Regierungsapparaten, welche hier oft noch als Linke verkauft werden, ebenfalls als unsere Gegner betrachtet werden, bei dem was sie hier an der Bevölkerung so verbrechen. Leider gehen immer noch nicht wenige Linke mit solchen Leuten Hand in Hand, das ist unbegreiflich und nicht zu akzeptieren. Die Masse der derzeit protestierenden Menschen, sind mit Sicherheit nicht unsere Gegner, sondern das Gegenteil ist der Fall. Sie sind potentielle Verbündete in einem richtigen und notwendigen Kampf.
K. Lehmann 22.9.2022