EINIGE GEDANKEN…..
…..über die Demonstration gegen die sogenannte
Klima-Abgabe vom 25.4.2015 IN BERLIN und ihre Hintergründe
Wir haben schon lange keine Demonstration von überwiegend Arbeitern und Angestellten mehr gesehen, welche dermaßen zahlreich und ein stückweit durchaus kämpferisch stattgefunden hat. Leider hatten wir durch die Verbreitung eigener Flugblätter (leider nur ältere Texte, nichts aktuelles zur Demonstration) nur einen Eindruck von dieser Demonstration auf der Strecke und eines Teils der Abschlusskundgebung, aber wir würden mal behaupten, dass es mehr wie die offiziell gemeldeten 15.000 Teilnehmer waren.
In Höhe des Hauptbahnhofs zog sich ein nicht enden wollender Zug von Beschäftigten aus der Braunkohlegewinnung, Verstromung und damit verbundener
Gewerke auf der scheinbar viel zu kurz geplanten Demonstrationsstrecke dahin. Die ersten Demonstranten waren offensichtlich schon am Ziel, dem Bundeskanzleramt, angekommen, bevor die letzten den Abmarschpunkt in der Invalidenstraße überhaupt verlassen hatten. Ein Meer von Gewerkschaftsfahnen, insbesondere der IG BCE, IG Metall und Verdi wurden getragen und massenhaft hatten Kollegen ihre Mitgliedschaft in diesen Organisationen durch Jacken, Westen und Hemden deutlich gemacht.
Neben diesen deutlichen Zugehörigkeitshinweisen zu verschiedenen Gewerkschaften, hatten offensichtlich unterschiedliche Betriebsbelegschaften entsprechende einheitliche Kleidung angelegt. Und es machte durchaus den Eindruck, dass hier ganze Belegschaften zusammen demonstrierten.
Es erinnerte einige Kollegen/Genossen aus unserem Kreis durchaus an die riesige Demonstration von November 2003 gegen die Hartz-Gesetze, wenn auch das weitest gehende Fehlen selbstgefertigter Transparente/Plakate, sowie das weitest gehende Fehlen von Parolen und Liedern den positiven Eindruck etwas verwässerte und die Anzahl von hunderttausend Teilnehmern wurde natürlich bei weitem nicht erreicht.
Es kam aber auf alle Fälle eine gewisse Wut und Angespanntheit der Kollegen zum Ausdruck und diese Demonstration war auf alle Fälle sehr laut. Ein ständiger enormer Lärmpegel durch Pfeifen, Tröten und Hörnern, sowie das häufige zünden von Feuerwerkskörpern sorgten für eine enorme Geräuschkulisse. Interessant in diesem Zusammenhang, die totale Zurückhaltung der Polizei beim Zünden von Feuerwerkskörpern. Diese hielt es wohl für klüger die Kollegen gewähren zu lassen, die Stimmung schien uns auch nicht günstig zu sein für einen eventuellen Polizeieinsatz in dieser Angelegenheit. Und es ging auch ohne, dies sollte durchaus von der Öffentlichkeit registriert werden, wenn wieder mal harmlose Böllerei als Vorwand für brutale Polizeieinsätze herhalten muss, aber dies nur nebenbei.
Das Anliegen der Kollegen, welches wir etwas anders formulieren würden als wie es z. B. die IG BCE tut, hätte es auf alle Fälle verdient auf einer längeren Strecke und insbesondere durch bewohntere Gebiete einem größeren Teil, insbesondere der arbeitenden Bevölkerung Berlins, bekannt gemacht zu werden. Die kraftvolle Wirkung der Demonstration und auch die teilweise Wut der demonstrierenden Kollegen hätte vielleicht auch einen Lichtblick für viele arbeitende Menschen dieser Stadt bedeuten können, insbesondere da diese in dem sich selbst feiernden dekadenten Sumpf dieser Stadt in dieser Hinsicht seit diversen Jahren nicht gerade verwöhnt werden.
WAS WOLLEN DIE KOLLEGEN
Sind es wirklich die Klimaabgabe-Pläne der Regierung, welche die Kollegen dermaßen erbost haben. Wir würden mal sagen vordergründig ja, aber im Wesentlichen kann und muss es den Kollegen doch darum gehen durch anständige Arbeit ein vernünftiges Auskommen erreichen zu können und genau dies wurde in diversen Stellungnahmen auch sehr deutlich dargelegt.
Warum sollten die Kollegen sich sozusagen vor jede Dreckschleuder stellen um sie in ihrem Erhalt zu schützen, wenn sie ein Auskommen auch ohne diese hätten. Dessen ungeachtet sind wir aber trotzdem der Meinung, dass die weitere Nutzung von Braun- und Steinkohle durchaus sinnvoll ist und weiter möglich sein muss. Ob es allerdings notwendig ist, aber auch jede unvernünftige Abbaggerung und den Erhalt eines jeden Kohlekraftwerkes zu verteidigen, würden wir dann allerdings auch bezweifeln, aber dazu später mehr.
Was doch aber in erster Linie unsere Kollegen dieser Räume, dieser Sparten umtreibt, ist doch das weitest gehende Fehlen von beruflichen Alternativen wenn diese Ebene wegbrechen sollte. Und diese Sorgen sind doch nur zu berechtigt, davon können doch hunderttausende Kollegen und ihre Familien aus anderen Sparten durchaus ein bitteres Lied singen. Wenn sie nämlich aus Regionen stammen, wo bestimmte industrielle Grundlagen die Haupterwerbsquelle waren und diese weggebrochen sind. Und dies hat ja nun im Wesentlichen etwas mit den hier herrschenden kapitalistischen Verhältnissen zu tun.
Das Bemühen der herrschenden kapitalistischen Klasse dieses Landes die Kraft der Arbeiterklasse zu brechen um sich ihre Herrschaft noch eine Weile zu erhalten, ist doch bei verschiedenen Entwicklungen in diesem Land deutlich spürbar.
Das ist einerseits die Verlagerung wesentlicher Industrieproduktionen in andere (billigere) Staaten, ist aber auch die Bekämpfung einer Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik in diesem Land, um den Widerspruch zwischen Produktionsweise und der privaten Aneignung durch Kapitalisten nicht noch deutlicher zu machen. Funktioniert zwar nicht auf Dauer, aber woher soll die kapitalistische Klasse das wissen. Der Arbeiterklasse dieses Landes macht die Suche der herrschenden Klasse nach Auswegen aus ihrem Dilemma allerdings Probleme genug.
KANN ES IM WESENTLICHEN UM DIE
VERHINDERUNG DER KLIMAABGABE-PLÄNE GEHEN, BEI DER SICHERUNG DER EXISTENZ VON
ARBEITENDEN MENSCHEN
Die wesentliche Sorge von Menschen in den Braunkohlegebieten, aber auch bei Karstadt oder Opel ist doch die Existenzgrundlage zu verlieren, unter Umständen von den schweinischen Hartz-Gesetzen betroffen zu sein. Wenn es eine vernünftige berufliche Alternative gäbe, wäre doch der Verlust eines Arbeitsplatzes, eventuell ja sogar wegen eines sinnvollen Vorgehens, von vielen Kollegen zu akzeptieren. Was hier aber seit Jahrzehnten tatsächlich stattfindet, ist ein gezielter Abbau von industriellen Kapazitäten. Außerdem findet in diesem Lande eine massive Propaganda gegen moderne zukunftweisende industrielle Produktion und Technik statt, wie man es insbesondere bei der Behandlung der Kernenergie feststellen kann.
Wir wollen die Kollegen, z. B. der Lausitz, hier gar nicht irgendwie vorführen, aber natürlich greift ihr Kampf gegen die Klimaabgabe-Pläne viel zu kurz und hat mit der eigentlichen Notlage vieler Arbeiter und Angestellter nur indirekt zu tun.
Solche Nachlässigkeiten müssen sich aber alle abhängig Beschäftigten dieses Landes selbstkritisch vor Augen halten (uns eingeschlossen), dass hier viel zu wenig gesellschaftlicher Kampf für die Verteidigung von Arbeiterrechten und gesellschaftlichen Fortschritt stattfindet, liegt eben auch in unserer eigenen Verantwortung.
Aber eines kann mit Sicherheit in diesem Zusammenhang festgestellt werden, die Führungsgremien von Gewerkschaften haben in diesen Fragen auf jeden Fall versagt. Ob dies aus Unkenntnis über gesellschaftliche Vorgänge oder aus Verbundenheit mit der herrschenden Klasse zu tun hat, das wird mal so und mal so gewesen sein. Aber das muss sich ändern, entweder aus Einsicht entsprechender Leute oder die teilweise doch sehr deutliche Wut von Kollegen muss als Motor für eine Klärung innergewerkschaftlicher Verhältnisse dienen.
In jedem Fall ist es zwingend und dringend notwendig hier mal ein paar grundsätzliche gesellschaftliche Fragen auf die Tagesordnung zu setzen. Der Funktionärskader, welcher für uns am 25.4. erkennbar war, war weitestgehend konform mit den wütenden Kollegen. Daraus sollte sich doch etwas Vorwärtsweisendes entwickeln lassen.
DAS DILEMMA DER SOGENANNTEN ENERGIEWENDE
Nun hat ja die herrschende Klasse dieses Landes seit einiger Zeit die Maske vollends fallengelassen, bezüglich ihrer Haltung zu einer modernen Form der Energiegewinnung. Durch einen Tsunami und letztendlich durch die Nichtunterweisung von Beschäftigten des Kernkraftwerkes Fukushima in Sicherheitsfragen ist es zu dem Reaktorunglück in Japan gekommen. Dies hat in unserem Land zu einer teils panischen, teils als günstiges Alibi herhaltenden Vorgehensweise für den Stilllegungsplan aller Kernkraftwerke geführt. Wahrscheinlich wegen der zahlreichen Tsunamis, die wir hier zu überstehen haben (EINIGE GEDANKEN.....über den Reaktorunfall in Fukushima).
Was sich aber in dieser Frage immer deutlicher herauskristallisiert, die herrschenden Kreise wissen nicht was sie tun, teilweise nutzen sie diese Situation um die Entwicklung dieses Landes zu stoppen, bzw. sogar zurück zu prügeln. Andererseits haben sie scheinbar aber nicht wirklich einen Plan, und versinken in ihrem selbstangerichteten Chaos. Wieviel Kenntnis und Übersicht man solchen Elementen zutrauen darf, hat ja spätestens die letzte große Wirtschaftskrise aufgezeigt.
Das Bild dessen, was sich für einen halbwegs kritischen Beobachter ergibt, ist chaotisch, dilettantisch, desaströs. Dass der Ausstieg aus der bisherigen Energiegewinnung zum Scheitern verurteilt ist und zum Desaster führt, wird immer deutlicher.
Sei es bei den nötigen Speicherkapazitäten um eine Grundlast absichern zu können.
Sei es bei der Verbringung des Stroms von der Nordsee in weit entfernte Industriegebiete unseres Landes.
Sei es bei der Erhaltung von modernen Gaskraftwerken.
Sei es bezüglich der zunehmenden Sorge von Bevölkerungsteilen wegen der Verschandelung der Natur bzw. krankmachender Auswüchse bei der Errichtung von Windrädern.
Sei es bei der katastrophalen Entwicklung der Energiepreise, insbesondere für Arbeiterhaushalte.
Sei es bei der Überlastung der Netze angrenzender Staaten wegen der schwachsinnigen Regeln bezüglich des Vorrangs sogenannter erneuerbarer Energie.
Allenthalben Chaos, wahnsinnige Belastung insbesondere der breiteren Bevölkerung dieses Landes und scheinbar ein verzweifeltes Unwissen der Verantwortlichen wie sie mit diesem Dilemma verfahren sollen.
WAS HAT DIE CO2-PROBLEMATIK DAMIT ZU TUN
Ein Nebenschauplatz oben genannter Problematik ist die Frage der CO2-Belastung und der Verpflichtungen, welche die Führung dieses Landes in dieser Frage international eingegangen ist.
Wenn man der Argumentation folgen würde, dass die CO2-Belastung unbedingt gesenkt werden muss, dann ergibt sich ja automatisch die Frage, wieso man auf eine Form der Energiegewinnung mit Gewalt verzichten will, welche eine solche Belastung nicht hervorruft, wie dies bei der Kernenergie der Fall ist.
Da befindet man sich aber in der Zwickmühle, weil ja die schlimme Kernenergie, zumindest in diesem einen Land, unbedingt abgeschafft werden muss. Zwar ohne logische Erklärung, aber es muss eben sein. Da ja aber auf Grund irrwitziger Regelung des EEG moderne Gaskraftwerke ebenfalls immer weniger zur Verfügung stehen, weil sie nicht wirtschaftlich betrieben werden können, konzentriert sich die Erhaltung der Grundlast immer stärker auf Kohlekraftwerke, welche bekannter Weise einen hohen CO2-Ausstoss haben.
Ein kleines Beispiel dafür wie chaotisch und irrwitzig die Verhältnisse derzeit in dieser Angelegenheit sind. Und es wird noch dramatischer in diesem Land werden, wenn wir dies nicht bald stoppen.
KANN DIE FORDERUNG NACH RÜCKNAHME DER KLIMAABGABE-PLÄNE SICHERHEIT FÜR DIE BETROFFENEN KOLLEGEN BRINGEN
Mit Sicherheit nicht, „Sichere und bezahlbare Stromversorgung mit Braunkohle, als Partner der Erneuerbaren“ ist als gewerkschaftliche Losung entweder dumm oder ein Betrugsversuch. Sichere und für die Mehrheit der Bevölkerung bezahlbare Stromversorgung wird es mit ausschließlich oder vorrangig erneuerbarer Energie nicht geben und gerade in der IG BCE gab es dazu zeitweise eine andere Haltung.
Die Kollegen in der Lausitz, in Brandenburg insgesamt, in Sachsen und NRW, aber letzten Endes wir Kollegen im gesamten Land werden nicht umhin kommen, die notwendigen gewerkschaftlichen und politischen Kämpfe zu führen. Wenn wir Sicherheit für unsere Arbeitsplätze und für unser Leben wollen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder und Kindeskinder ein vernünftiges Leben führen können, werden wir die notwendigen Auseinandersetzungen führen müssen.
Mit den gewerkschaftlichen Strukturen sieht es ja zurzeit etwas tragisch aus. Die Zusammensetzung in der Demonstration machte auf uns aber den Eindruck, dass in den Betrieben noch eine gewisse Einheit, ein gewisser Kampfeswille vorhanden ist, zumindest in einigen der Betriebe, die sich bei der Gelegenheit dargestellt haben.
Vielleicht kann das ein Anfang sein, um hier wieder aus der Defensive herauszukommen. Starke betriebliche Gruppen, gewerkschaftliche Verbände bilden, mit diesen Einfluss nehmen auf die in Teilen eher rückständige Gewerkschaftsnomenklatura, ein Weg, der erfolgreich sein könnte.
Etwas merkwürdig berührt waren wir, von dem scheinbar gänzlichen Fehlen der vielen politischen Organisationen und Gruppen, welche doch sonst in der Regel im Umfeld von gewerkschaftlichen Demonstrationen oder Kundgebungen in Erscheinung treten, aber vielleicht haben wir die Genossen/ Kollegen ja nur nicht bemerkt, das wäre allerdings schon erstaunlich.
Tausende zu recht um ihre Arbeitsplätze besorgte Werktätige nicht wichtig zu nehmen, wäre schon bedenklich. Zumal sich zahlreiche Kollegen aus Gebieten angekündigt hatten, die man durchaus als Gebiete ansehen kann, auf welche diese obskure sogenannte Pegida ein Augenmerk hat.
K. Lehmann 27.04.2015