EINIGE GEDANKEN.....
.....ÜBER die ereignisse in der ukraine
„Faschistischer Putsch“ und „kein Sieg der Massen“ heißt es bei verschiedenen Kommentatoren der Ukrainer Ereignisse. Woraus sich automatisch die Frage ergibt, wieviel hunderttausend Menschen müssen es denn sein um von Massen zu sprechen.
Immerhin sind zu bestimmten Gelegenheiten hunderttausende Menschen in Kiew und anderen Landesteilen zusammengeströmt um die Aktivitäten auf dem Maidan zu unterstützen.
„Kein Sieg der Massen“ ist da wohl eher richtig, wenn man die sich abzeichnenden Folgen der Vertreibung von Janukowitsch betrachtet. Unbestritten haben faschistische und andere rechte Elemente eine wesentliche Rolle bei den Auseinandersetzungen mit dem staatlichen Unterdrückungsapparat gespielt und das fällt negativ auf diesen Kampf zurück. Faschisten, Antisemiten und andere Rassisten haben in einer fortschrittlichen Bewegung nichts zu suchen, man muss nur aufpassen, dass man die Realitäten sieht und das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.
Die Verhältnisse in der Ukraine sind kompliziert und teilweise schwer zu durchschauen, zumindest für uns. Diverse Imperialisten versuchen dort ihr Süppchen zu kochen, neben dem russischen Imperialismus tun dies ebenfalls der US-Imperialismus und der seit kurzem größenwahnsinnig gewordene deutsche Imperialismus. Diverse inländische sogenannte Oligarchen treiben ebenfalls ihr Spiel mit der ukrainischen Bevölkerung. Gallionsfiguren wie Timoschenko, Klitschko und ähnliche agieren ziemlich offen im Interesse westlicher kapitalistischer Kreise. Bei der Umsetzung der Politik dieser Kreise würde das ukrainische Volk aber auch nur vom Regen unter die Traufe kommen.
Religion spielt ja offensichtlich auch eine wichtige Rolle in der Ukraine. So tummeln sich noch diverse orthodoxe Religionslinien (z.B. Moskauer Patriarchat, Kiewer Patriarchat, u.a.) sowie römisch-katholische Kirche in diesem Feld und versuchen dort Macht und Einfluss zu erlangen.
Das Volk der Ukraine steht zwischen all diesen Interessengruppen und ist mit Sicherheit auch teilweise dadurch beeinflusst. Diesem Volk steht auf der anderen Seite das Wasser bis zum Halse. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, niedrige Löhne und ein desolates Gesundheitssystem, das mitverantwortlich für hunderttausende Tuberkulosekranke ist, erschweren das Leben der Ukrainer ebenfalls dramatisch. Die Gefängnisse platzen aus allen Nähten und hunderttausende Menschen sind obdachlos.
So ist nur folgerichtig, dass ein durchgehender Tenor bei Stellungnahmen aufständischer Menschen in den Medien sinngemäß folgender ist:
Dieses Leben ist unter den herrschenden Bedingungen unerträglich, wir sind bereit
unser Leben einzusetzen, um die Verhältnisse zum Besseren zu wenden.
Sehr eindrucksvoll und erschütternd haben diese Menschen bewiesen wie ernst und konsequent sie ihre Worte gemeint haben. Sie haben einem hochgerüsteten Unterdrückungsapparat das Fürchten gelehrt und mussten mit dem Tod von vielen Kämpfern und hunderten teilweise Schwerverletzten einen hohen Blutzoll zahlen.
Uns sind keinerlei Stellungnahmen von solchen Menschen bekannt, die da interviewt wurden, welche man als faschistisch oder rassistisch einordnen könnte. Trotzdem ist es eindeutig genug, dass diverse faschistische Banden eine Rolle bei den Auseinander-setzungen gespielt haben.
Viele Menschen in der Ukraine werden nationale Fragen ihres Landes sehr wichtig nehmen, jahrhundertelange Unterdrückung durch russische Zaren wird die Bevölkerung sehr sensibel gemacht haben für solche Problematik. Lenin wies noch zu Gründungszeiten der Sowjetunion dringend darauf hin, die nationalen Fragen der Ukraine sehr ernst zu nehmen und selbst die ukrainischen Kommunisten nicht zu bedrängen einem Zusammenschluss zu zustimmen, es müsste ihre freie Entscheidung sein. Er fand es wichtiger eine vertrauensvolle proletarische Verbindung herzustellen, als wie die Staaten zwingend zu verbinden. Die richtige Haltung muss wohl in der Folge irgendwie abhandengekommen sein. Von dem Völkergefängnis, welches die neuen Zaren nach ihrer Konterrevolution unter ihrer Führungsfigur Chruschtschow aus der Sowjetunion machten, ganz zu schweigen.
Die ukrainische Bevölkerung ist also zu Recht misstrauisch, sie sollte aber auch misstrauisch gegenüber Figuren sein, welche sich nationalistisch verhalten und letzten Endes versuchen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen aufeinander zu hetzen.
Es ist in diesem Zusammenhang schon interessant und aufschlussreich, dass gerade Lenin-Statuen umgestürzt werden. Dieser große Revolutionär war gerade, was die Gefühle der ukrainischen Menschen betraf, sehr sensibel und verantwortungsbewusst. Da muss sich wohl in nationalistischen Kreisen ein abgrundtiefer Hass lange erhalten haben, darüber, dass ihre reaktionären Pläne damals durchkreuzt wurden.
Es ist also tatsächlich nicht so einfach sich aus der Ferne ein einigermaßen klares Bild zu machen. Verschiedene Linke neigen allerdings ja auch dazu, Menschen, welche die nationalen Fragen ihres Landes ernst nehmen, automatisch zu Rechten zu deklarieren. In diesem Punkt sind sie dann allerdings konform mit den Imperialisten dieser Welt, diese fühlen sich sogar durch oben genannte Haltung massiv gestört bei ihren verbrecherischen Machenschaften. Wie schrieb Lenin auch in diesem Zusammenhang so richtig „Imperialismus ist die fortschreitende Unterdrückung der Nationen der Welt durch eine Handvoll Großmächte“, das gilt auch heute noch.
Die Stärke der Rechten ist im Umkehrschluss die Schwäche der Linken. Hunderttausende, vielleicht Millionen, führen oder unterstützen einen im Grunde antikapitalistischen Kampf in der Ukraine. Alles Faschisten? Theoretisch möglich, Faschisten führen ja letzten Endes ebenfalls einen antikapitalistischen Kampf, allerdings rückwärtsgewandt in weit zurückliegende Entwicklungen der menschlichen Gesellschaft. Aber tatsächlich streben die Menschen nach moderner Entwicklung und besserem Leben, dies wird immer wieder deutlich. Gegen moderne Entwicklung kämpfen aber gerade die Faschisten, sie entzieht ihnen ja die Lebensgrundlage.
Wenn es denn so ist, stellt sich die Frage, wieso ist die Linke in der Ukraine nicht in der Lage mehr Menschen für sich zu gewinnen. Es steht doch ein erheblicher Teil der Bevölkerung der Ukraine in einem berechtigten, offenen und militanten Widerspruch zu den Verhältnissen in ihrem Land und denen, welche diese Verhältnisse repräsentieren.
Alles Faschisten? Wohl kaum, da hat im Zweifelsfall die Linke dieses Landes Nachlässigkeiten begangen und die internationale Linke ebenfalls.
Viele Menschen in der Ukraine wollen zur EU gehören, weil sie sich dadurch eine Verbesserung ihres Lebens erhoffen. In der EU herrscht aber ebenfalls das kapitalistische Gesellschaftssystem, das auch in ihrem Land herrscht. Dieses System ist für die Kapitalistenklasse da, nicht für die breite Masse der Bevölkerung und natürlich nicht für die Menschen, welche die Reichtümer dieser Welt erarbeiten. Wenn es die Menschen in der Ukraine nicht schon wissen, werden sie es auf alle Fälle bald feststellen. Und man möchte ihnen und uns wünschen, dass sie dann die gleiche Kraft und den gleichen Mut entwickeln welchen sie im Kampf gegen den Janukowitsch-Unterdrückungsapparat an den Tag gelegt haben. Die Menschen streben weltweit zu Recht nach einem besseren Leben, dass kollidiert mit den kapitalistischen Verhältnissen auf der Welt. Insbesondere die Imperialisten sind ständig dabei Unruhe zu stiften und im Trüben zu fischen, dies geschieht auch um revolutionäre oder andere fortschrittliche Tendenzen sich gar nicht erst entwickeln zu lassen. Das Streben nach einem besseren Leben nimmt aber trotzdem deutlich zu, immer mehr Menschen erheben sich gegen die Verhältnisse in ihren Staaten. Leider ist in der Regel nicht erkennbar, dass revolutionäre Parteien / Gruppen da eine entscheidende Rolle spielen. Die Unterdrückung wächst, die Gefahr globaler Kriege wächst, aber auch der Widerstand wächst. Es ist zu hoffen, und wir sollten unbedingt auch daran arbeiten, dass dieser Widerstand, der oft sehr mutig und aufopferungsvoll regional immer häufiger stattfindet, international zusammengefasst wird und eine gemeinsame fortschrittliche antikapitalistische Stoßrichtung bekommt.
K. Lehmann / Elke Haber 1.03.2014