EINIGE GEDANKEN…..

 

…..ÜBER DIE WIRKUNG EINER LOSUNG WIE „FRIEDEN, FREIHEIT, KEINE DIKTATUR“ ANLÄSSLICH DER DEMONSTRATION VOM 7.11.2020 IN LEIPZIG GEGEN DEN VERORDNETEN AUSNAHMEZUSTAND.

 

Wir hatten den Eindruck, dass Parolen wie „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“, oder auch „Frieden, Freiheit, Demokratie“, die Hauptparolen der Menschen, die am 7.11.2020 in Leipzig gegen die diktatorischen Maßnahmen des Staatsapparates demonstrierten, gewesen sind. Waren diese auch schon vorher in der zentralen Kundgebung am Augustusplatz zu hören, so brandeten diese erst recht auf, als diese Kundgebung von der Polizei aufgelöst und die geplante Demonstration auf dem sogenannten Ring untersagt wurde. Und das ist schon eine sehr beeindruckende Situation, wenn zehntausende Menschen ziemlich geschlossen in diese Parolen einstimmen. Das jagt einem schon einen Schauer über den Rücken.

 

Anderen scheint es auch Schauer über den Rücken gejagt zu haben, aber das waren wohl eher Angstschauer. Wenn man sich die grenzenlose Hetze nicht unbeträchtlicher Teile der Nomenklatura dieses Staates, der hiesigen Medienwelt, aber auch von zivilen Gegnern dieser Manifestation ansieht, kommt man zwangsläufig zu solch einer Schlussfolgerung.

Teile von letzterer Gruppierung bezeichnen tatsächlich die Gesamtheit der Demonstranten gegen das Corona-Regime als Faschisten und haben keine Hemmungen, anreisende Demonstranten mit Steinen zu bewerfen, weil sie es gewagt haben eine Deutschlandfahne zu tragen. Wohlgemerkt die hier gültige Nationalfahne. Haben auch keine Hemmungen und rühmen sich auch noch damit in entsprechenden Foren, anreisende Demonstranten gezwungen zu haben, eine Maske aufzusetzen. Das wird diesen Staatsapparat sicher freuen, dass er eine solch eifrige Hilfstruppe zur Verfügung hat.

 

VERSUCH EINER BESCHREIBUNG DESSEN, WAS AM 7.11.2020 IN LEIPZIG STATTGEFUNDEN HAT, ZUMINDEST IN GROBEN ZÜGEN.

 

Das scheinbar inzwischen übliche Vorspiel für eine solche Art kritischer Manifestation, nämlich Verbot, Versuch diese in die Walachei zu verlegen, massenhafte Auflagen, das unmöglich machen frühzeitigen Aufbaus von Bühnen und Technik, scheint ja inzwischen zum normalen Procedere des Staatsapparates im Zuge seines verhängten Ausnahmezustandes zu sein. Die sicher im Hintergrund mitgedachte Abschreckung von Demonstranten bezüglich einer Fahrt nach Leipzig, hat vielleicht ein Stück weit Erfolg gehabt, aber sicher nicht in dem Maße, wie sich die Erfinder solcher Abschreckungen sich das ausgerechnet haben.

 

Und so war die Innenstadt Leipzigs schon gegen 11:00 Uhr gut gefüllt mit Menschen, von denen offensichtlich ein Großteil zur Kundgebung und anschließender Demonstration wollte. Auch der Augustusplatz, auf dem ab 13:00 Uhr die Auftaktkundgebung stattfinden sollte, war um diese Zeit schon recht gut gefüllt mit Menschen und es strömten bis zum Beginn der Kundgebung Tausende um Tausende aus allen Richtungen dazu. Die Veranstalter mussten die Polizei immer wieder auffordern, weitere Flächen freizugeben, bezüglich des geforderten Mindestabstands. Überhaupt die Veranstalter, diese waren doch sehr bemüht, den Willen des Staatsapparates zu erfüllen und diesen immer wieder zu loben. Aber vielleicht geht es ja auch nicht anders, um überhaupt unter den Verhältnissen eines Ausnahmezustandes, solch eine große Versammlung erstmal zusammen kommen zu lassen.

 

Allerdings war durchaus offensichtlich, dass alles Mögliche versucht wurde von Seiten des Staatsapparates, diese Manifestation in ihrer Zahlenmässigkeit und auch ihrer Aussagekraft stark einzuschränken, in der gewohnt „demokratischen“ Art der hier vorherrschenden Nomenklatura. Sehr viele Teilnehmer dieser Versammlung sahen diese Vorgänge sehr viel kritischer als die Versammlungsleitung, bzw. die Organisatoren und äußerten sich entsprechend.

 

So fand also die Kundgebung bis etwa 16:00 Uhr mit diversen Rednern statt. Umzingelt von zig Hundertschaften Polizei und an diversen Stellen auch von Gegendemonstranten, welche sich teilweise wie die Hilfspolizei dieses Staates gerierten. Teilweise wurden von diesen Menschen Äußerungen getätigt, bei denen man sich fragte, ob diese überhaupt noch was von der Realität dieses Staates mitbekommen, auf jeden Fall aber äußerst aggressiv gegen jeden, der als Teilnehmer der Manifestation verdächtig schien. Die Zusammensetzung der Anwesenden, berechtigte aber eigentlich nicht zu solch aggressiver Verhaltensweise. Diese war in ihrer absoluten Mehrheit eher „gut bürgerlich“. Das kann man gut oder schlecht finden, aber eine Umgangsweise die bei Faschisten angemessen wäre, war dort eigentlich fehl am Platze. Die Internationalität der Herkunft, war dort nicht in dem Maße verbreitet, wie es ansonsten in unserer Gesellschaft eigentlich üblich ist, es war aber bei Weitem auch nicht homogen. Die Mehrheit der Menschen, welche an solchen Manifestationen teilnehmen, hat offensichtlich keine rassistischen oder nazihaften Vorbehalte. Auch die abhängig arbeitende Bevölkerung, insbesondere aus den Betrieben dieses Landes, schien uns doch unterrepräsentiert zu sein.

 

Wobei sich in dem Zusammenhang allerdings auch die Frage stellt, ob die hiesigen Gewerkschaftsführungen die Alarmglocken noch nicht gehört haben, welche man doch deutlich hören kann, seit hier die Notstandsgesetzgebung angewendet wird? Oder empfinden sie als vorgebliche Gewerkschafter einen Ausnahmezustand dieses Charakters nicht ebenfalls als Bedrohung, ganz besonders auch für abhängig Beschäftigte, aber auch für die gesellschaftliche Entwicklung insgesamt? Vielleicht sind diese Leute auch einfach nur zu verfilzt mit diesem kapitalistischen System und seinem Staatsapparat. Aber dann sollten wir Kollegen auch unsere Konsequenzen ziehen und langsam in die Hufe kommen.

 

Und ach ja, Nazis waren tatsächlich auch vor Ort. Und EINE kaiserliche Fahne, welche gerne von Reichsbürgern mitgeschleppt wird, war ebenfalls zu sehen. OFFEN auftretende Nazis, haben wir eigentlich nur eine Gruppe von etwa einem Dutzend Hanseln mit Plakaten der Deutschen Stimme/ NPD gesehen. Als wir sie sahen, tapsten sie ziemlich für sich in der Gegend rum. Natürlich waren mehr da, und wir haben auch mehr gesehen, das war aber auch nur möglich, weil wir jahrelange Erfahrung mit diesem Pack haben. Für Menschen, welche sich da nicht so auskennen, dürfte das weitestgehend verborgen geblieben sein. Dieses Nazi-Pack ist untergegangen, sowohl in der Kundgebung, wie auch bei der anschließenden Demonstration über den Ring.

 

Die Teilnehmer dieser kritischen Manifestationen sind ja in der Regel sehr diskussionsfreudig, selbst mit Gegendemonstranten von denen sie teilweise aufs übelste beschimpft und manchmal sogar angegriffen werden. Nicht viele dieser Gegendemonstranten lassen sich aber tatsächlich auf eine Diskussion ein. Kommt es aber zu einer Diskussion und von Kritikern am Ausnahmezustand werden Vorschläge gemacht für ein gemeinsames Vorgehen, sowohl gegen sich einschleichende Nazis, aber auch gegen die diktatorischen Maßnahmen des Staatsapparates, fallen aber auch gleich die Schotten. Es wird sehr schnell deutlich, dass diese Gegendemonstranten zwar zu Recht ernste Probleme mit Nazis und ähnlichem Gesocks haben, aber eigentlich mit den diktatorischen Maßnahmen des Staatsapparates weitestgehend einverstanden sind. Sie kommen dann ganz schön ins Schleudern mit ihrer Argumentation und es wird sehr schnell deutlich, dass sie auf keinen Fall mit den zu Recht empörten Menschen gemeinsam gegen die Unterdrückung kämpfen wollen. Da kann man dann allerdings auch verstehen, dass viele Menschen, die jetzt aufstehen gegen den Ausnahmezustand, sich dann auch nicht mehr so den Kopf machen, wieviel verkappte Nazis sich denn nun in die Demos einschleichen, insbesondere wenn sie selbst immer wieder als Faschisten bezeichnet werden. Eine Vorgehensweise übrigens, welche sehr gut geeignet ist, das Monströse von Faschisten zu relativieren.

 

Wenn man allerdings von deutschstämmigen Menschen in ihrer Mehrheit als potentielle, oder sogar tatsächliche Faschisten ausgeht, wie dies beispielsweise bei diesen reaktionären und durchgeknallten sogenannten Antideutschen der Fall ist, kommt man eben zu solchen absurden Schlussfolgerungen und kann sich damit leicht ins gesellschaftliche Abseits katapultieren. Das wäre dann auch nicht bedauerlich.

 

AUFLÖSUNG DER KUNDGEBUNG, DEMONSTRATIONSVERBOT UND DURCHSETZUNG DER DEMONSTRATION DURCH DIE TEILNEHMER.

 

Die Kundgebung wurde dann gegen 16:00 Uhr von der Polizei aufgelöst, mit der Begründung die Hygieneregeln nicht eingehalten zu haben. Die ursprünglich geplante Demonstration über den „Ring“ am Hauptbahnhof vorbei, wurde an der großen Kreuzung vor dem Hauptbahnhof durch massive Polizeipräsenz, inklusive Reiterstaffel, blockiert und die Menschen wurden aufgefordert sich in kleinen Gruppen zu entfernen. Einige taten dies auch. Aber die ganz überwiegende Mehrheit blieb vor der Polizeiabsperrung stehen und forderte, das Recht auf Demonstration ein (viele davon mit brennenden Kerzen in der Hand).

 

Da standen nun mehrere zehntausend Menschen, 40-50000 Menschen wurden teilweise gemeldet. Eine Zahl, welche selbst von üblen Hetzern innerhalb der Medien verbreitet wurde. Hetzer welche sonst eher die Zahlen nach unten lügen. Vielleicht ja auch bei dieser Gelegenheit. Da standen also diese zehntausenden Demonstranten, bedroht von Polizei und Gegendemonstranten, und zig tausende skandierten immer wieder „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“. Und das war solch ein gewaltiger und mächtiger Ruf, dass man sogar den Eindruck hatte, dass einige Polizeibeamte davon berührt, zumindest verunsichert waren. Dessen ungeachtet wurden Menschen weiterhin an ihrem Demonstrationsrecht gehindert und es gab immer wieder Festnahmen.

 

Irgendwann tauchten dann tatsächlich merkwürdige Trupps auf, die man erstmal nicht so ohne weiteres zuordnen konnte. In dieser Masse Menschen, welche tatsächlich ganz überwiegend ohne „Maske“ unterwegs waren, tauchten schwarz gekleidete und voll vermummte Gestalten auf, die wahrscheinlich Rechte waren. Aber wirklich belegen ließ sich das vom Ansehen her nicht. Wer ein bisschen Demonstrationserfahrung hat, wird wissen, dass sich da auch mal Trupps unter Demonstranten mischen, welche mit deren Anliegen eher nichts am Hut haben. Es geht sogar das „Gerücht“ um, dass solche Trupps auch schon aus verbeamteten Mitgliedern bestanden haben.

 

Aber wie es auch sei, dass diese Leute durch ihre Scharmützel mit der Polizei den Durchbruch der Demonstration erzwungen hätten, ist denn doch eher ein Märchen.

 

Zwischenzeitlich, es war ja inzwischen einiges an Zeit vergangen, hatten zig tausende von Demonstranten aus dem hinteren Teil der Demo sich links und rechts, durch Seitenstraßen und Parks an der blockierten Spitze der Demo und den Polizeiabsperrungen vorbei, auf die geplante Demoroute begeben. Diese Menschen rückten jetzt von der anderen Seite an die Polizeiabsperrrungen heran. Besonders beindruckend war eine riesige Menschenmenge, die rechts neben dem Bahnhof aus den Zufahrtsstraßen quoll und mit einem Trommlerzug an der Spitze auf die Straße vor dem Bahnhof drückte. Natürlich mit der Parole „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“. Plötzlich war sozusagen die Polizei von zig tausenden Menschen umzingelt. Den Weg letztlich freizugeben, war tatsächlich eine kluge und notwendige Entscheidung, die Scharmützel von eventuellen Nazis mit der Polizei hatten dabei sicherlich, wenn überhaupt, nur eine Teilwirkung auf den Ablauf. Die Beharrlichkeit, der Mut und die Standhaftigkeit der ganz überwiegenden Mehrheit der Demonstranten, war offensichtlich der entscheidende Faktor.

 

Die Kraft und die Euphorie, welche sich dann unter den Demonstranten nach der Durchsetzung ihres Rechts auf Demonstration deutlich zeigte und in den auch noch kraftvoller gerufenen Parolen zum Ausdruck kam, möchte man als Erfahrung dann auch nicht mehr missen, wenn man sich als politischer Mensch begreift.

 

Die Demonstration hatte eine starke Wirkung, es konnte zwar nicht der ganze „Ring“ gelaufen werden, wegen der Gefahr mit Gegendemonstranten zusammen zu stoßen, aber die „Umleitung“ durch die Innenstadt war eigentlich noch besser. Denn diese war voller Menschen, die überwiegend sehr interessiert und nicht selten begeistert auf diese riesige Demonstration reagierten. Das war eine Phase der Demonstration in der auch sehr intensiv gerufen wurde, „Merkel muss weg“. Und auch diese Parole wurde quasi von der ganzen Demonstration aufgenommen und skandiert. Vielleicht ein Hinweis darauf, wieviel Menschen doch der Meinung sind,  dass diese politische Figur eine zentrale Rolle spielt bei den Maßnahmen gegen die Bevölkerung.

 

Es war deutlich spürbar, wie stolz und glücklich die Teilnehmer der Manifestation waren, hier letzten Endes tatsächlich ihre eigentlich selbstverständlichen demokratischen Rechte durchgesetzt zu haben. Im Polizeiapparat muss wohl eher eine gegenteilige Gefühlslage geherrscht haben, vielleicht sogar gepaart mit ein bisschen Rachegelüsten. Wir konnten beobachten, dass in Seitenstraßen Polizeiketten aufgestellt waren, welche jeden der aus dem Zentrum kam aufgehalten haben, um dessen Personalien aufzunehmen. Den Menschen wurde eine Anzeige angedroht, weil sie aus einem Bereich kamen, in dem eine verbotene Demonstration stattgefunden hat.

Ist das noch Absurdistan, oder ist das schon die befürchtete „Veränderung“ in der Behandlung großer Teile der hiesigen Bevölkerung?

 

Denn erstens wussten die meisten gar nicht wie ihnen geschieht, sie hatten mit der Demonstration gar nichts zu tun. Und zweitens hatte die polizeiliche Einsatzleitung doch die Demonstration am Hauptbahnhof klugerweise und ausnahmsweise auch mal Verantwortungsbewusst freigegeben.

 

Sollte gewissen gesellschaftlichen Kräften, die sich doch angeblich in so deutlicher Gegensätzlichkeit zu diesem kapitalistischen Staat und desselben Systems befinden, nicht doch langsam dämmern, wohin die Reise hier gehen soll? Wir jedenfalls finden eine Parole, die da lautet „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“ oder wahlweise auch „Frieden, Freiheit, Demokratie“ durchaus vertretbar, auch wenn diese sicher noch zu konkretisieren wäre. Wir meinen solche Forderungen sind ein gute Ausgangslage. Solche Forderungen haben auch nichts Nazihaftes oder Verabscheuungswürdiges, deswegen tut es ja scheinbar einigen Elementen in diesem Staat  auch so weh, wenn diese gerufen werden.

 

 

K. Lehmann /  Tom Klare / Thea Rothe                      11.11.2020