EINIGE GEDANKEN…..

…..ÜBER DEN TOTSCHLAGSBEGRIFF „ANTISEMITISMUS“ IM ÖFFENTLICHEN DISKURS

 

Die Begrifflichkeiten, mit denen in der Diskussion, oder der politischen Auseinandersetzung, der Gegner mundtot gemacht werden soll, werden ja immer zahlreicher. Solche Begrifflichkeiten haben oftmals gar nichts mit dem, was da in die Ecke gedrängt werden soll zu tun. Aber da es im Mainstream der Herrschenden mit dieser Bedeutung und der geforderten Stoßrichtung so festgelegt ist, wird heftig auf alles verbal und nicht selten körperlich eingeschlagen, was den Vorgaben der herrschenden kapitalistischen Klasse widerspricht. So hat die Anwendung von Begriffen wie Klimaleugnung, Homophobie, Islamophobie, Coronaleugnung und Rechtspopulismus, bis hin zur Nazizuspitzung, in den letzten Jahren eine wahrhaft inflationäre Entwicklung genommen. Kein Problem damit, wenn ein Rassist als Rassist bezeichnet wird, oder ein Nazi als Nazi. Aber so wie das hier oftmals zur Anwendung kommt, ist ziemlich deutlich erkennbar, zu welchem üblen Zweck dies geschieht. Am wildesten scheint uns allerdings mit dem Begriff Antisemitismus zugeschlagen zu werden. Das ist ja kaum auszuhalten, was da inzwischen alles willkürlich als Antisemitismus eingeordnet wird.

 

ÜBER DEN BEGRIFF ANTISEMITISMUS IM ALLGEMEINEN

 

Das erste Mal ist dieser Begriff wohl im Jahr 1879 von dem Journalisten Wilhelm Marr verwendet worden, welcher Kreisen angehörte, die sich ausdrücklich als antisemitisch verstanden und sich als Antisemiten benannten. Verstanden wurde damals darunter allerdings eine ausdrückliche Judenfeindlichkeit, die sich mit einer Ablehnung bestimmter fortschrittlicher Entwicklungen paarte, die man mit dem Judentum verband. Wie zum Beispiel Materialismus, Internationalismus, Sozialismus und Demokratie. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Nazi-Faschisten später diesen Begriff ablehnten und auf ihrer Judenfeindlichkeit bestanden. Sie wollten nicht alle Semiten in einen Topf werfen. Da wird wohl die Verbindung zu judenfeindlichen muslimischen Semiten, die zu zehntausenden in der SS gedient haben, eine Rolle gespielt haben. Aber in diesem Zusammenhang ergeben sich sowieso einige wesentliche Fragen der Zuordnung.

 

Die Semiten sind eigentlich eine Sprachenfamilie, welche auf den biblischen Sem zurückzuführen ist, einem Sohn Noahs. Und so finden sich diverse Völker im Nordafrikanischen/Arabischen Raum, welche zu dieser Sprachenfamilie gehören, z.b. Hebräer, Araber, Aramäer und Malteser. In diesem Zusammenhang stellt sich dann auch automatisch die Frage, inwiefern jemand Antisemit sein kann, wenn er selbst dieser Völkerfamilie angehört? Aber dazu später. Eigentlich ist ja dem Judentum anzugehören in erster Linie eine religiöse Zuordnung, genau wie auch im Islam. Dass es z.b. antimuslimischen Rassismus geben soll, ist von daher irreführend bei 1,4 bis 2 Milliarden Muslimen aus zig Ethnien und Völkern auf der Welt. Allerdings tun sich auch beide Religionen etwas schwer damit, Menschen aufzunehmen, bzw. wie im Islam, diese gehen zu lassen. Vielleicht wirkt sich diese Abgeschottetheit hinsichtlich der Rassismuseinordnung aus. Und wenn Antisemitismus der richtige Begriff sein soll, dann richtet er sich nicht nur gegen Menschen jüdischen Glaubens. Das scheint von seinem Ursprung her schon irgendwie eine Fehlkonstruktion zu sein. Makaber in dem Zusammenhang ist, dass gerade die Nazi-Faschisten eine korrekte Einordnung vorgenommen haben, gewollt oder ungewollt.

 

DIE NUTZUNG DES BEGRIFFS ANTISEMITISMUS NACH DER ZERSCHLAGUNG DES NAZI-FASCHISMUS

 

Nach 1945 verfestigte sich die Haltung, den Begriff Antisemitismus als spezielle rassistische Haltung, insbesondere gegenüber jüdischen Menschen zu verwenden. Das warf natürlich schon in dieser einfachen Form erhebliche Probleme auf, bei der Einordnung von Zugehörigkeiten, wie oben beschrieben. Mit dem Errichten eines Vorpostens des westlichen Imperialismus in Palästina, der Gründung des Staates Israel und seiner Vorgeschichte, wurde die Gemengelage noch um einiges komplizierter. Nun ging es nicht nur um Juden und Muslime, von denen viele ein entspanntes Verhältnis zueinander hatten. Ein kolonialer Siedler-Faschismus, der für das „auserwählte Volk Gottes“ ein Groß-Israel schaffen wollte, trat mit Unterstützung des westlichen Imperialismus auf den Plan. Der Zionismus griff mit brutaler Gewalt in das Geschehen ein. Von nun an waren all jene, die das Vorgehen der Zionisten kritisierten, oder sogar dagegen ankämpften, automatisch Antisemiten.

 

In dem Zusammenhang muss man wissen, dass die Zionisten durchaus erhebliche Probleme damit hatten, jüdische Menschen auf der Welt für ihren Kolonialismus zu begeistern. Sie stießen eher weitestgehend auf Ablehnung in den jeweiligen jüdischen Bevölkerungsteilen der Staaten dieser Welt. Viele jüdische Menschen bspw. in Deutschland, waren inzwischen so aufgegangen in der Gesamtbevölkerung, dass sie sich gar nicht mehr in erster Linie als jüdisch definierten, wenn überhaupt. Im Weiteren wird auch noch mit hineingespielt haben, dass gerade aus den Menschen mit jüdischen Wurzeln sehr viel Fortschritt und Freiheitsliebe entsprang. Koryphäen auf allen relevanten Ebenen von Technik, Wissenschaft, Medizin, und, und, und. Kämpfer für gesellschaftlichen Fortschritt in allen emanzipatorischen Bewegungen, ein wahres Hass-Objekt für Faschisten. Bei solchen Menschen konnte natürlich ein faschistisches Kolonialregime auf keinen Zuspruch hoffen, im Gegenteil gab es erheblichen Widerstand im Judentum gegen den Zionismus. Stattdessen bot sich aber das Nazi-Pack als Unterstützer an. Es gab eine Phase vor der massenhaften Vernichtung jüdischer Menschen, in der es eine Zusammenarbeit zwischen Zionisten und Nazi-Faschisten gab, um möglichst viele europäische Juden nach Palästina zu verbringen. Aber auch dies führte nicht zum Erfolg, zumindest nicht im erwünschten Maße. Die massenhafte Vernichtung von jüdischen Menschen in Konzentrationslagern, gab der Angelegenheit dann schon etwas mehr Schub. Inwieweit auch oben genannte Zusammenarbeit noch weiter bestand, sei mal dahingestellt.

 

Die Gründung des Staates Israel unter der Führung einer zionistischen Bande, mit der Unterstützung des westlichen Imperialismus, führte sofort zu erheblichen Massakern und Vertreibungen der einheimischen arabischen Bevölkerung. Diese damalige Politik hält im Grunde in ihrer ganzen Monstrosität bis heute an, mal stärker mal schwächer ausgeprägt. In all den Jahren immer wieder Massaker mit unzähligen Opfern unter der Zivilbevölkerung, auch wenn es heute sicher einen erheblich größeren Teil von jüdischen Menschen in Palästina/Israel gibt, welche mit den Verbrechen der Zionisten nicht direkt zu tun haben und diese auch nicht wollen. Allerdings geschehen die Verbrechen auch in ihrem Namen und sie werden nicht darum herumkommen, gegen diesen Terror, der gegen die palästinensische Bevölkerung angewendet wird, auch vorzugehen.

 

KRITIK AN DEN ZIONISTEN DARF NUR SEHR BEGRENZT GEÜBT WERDEN

 

Die zionistischen Propagandisten überschlagen sich regelmäßig mit Versicherungen bezüglich der angeblich jederzeit möglichen Kritik an den Zionisten, sie sprechen dann von Kritik an Israel. Und ein sehr begrenztes Maß an Kritik ist sicher auch möglich. Aber diese „Toleranz“ geht nicht sehr weit und die Kritik darf auf keinen Fall grundlegend werden. Tatsache ist, dass jeder, der die beförderte Landnahme und das mörderische Vorgehen zionistischer Siedlerbanden im West-Jordanland ernsthaft angreift, sofort in die Schusslinie gerät. Journalisten die aus Gaza über die Gräuel an der Zivilbevölkerung berichten, sind sehr häufig in Lebensgefahr, bzw. verlieren auch ihr Leben.

 

Und selbst in Gebieten, welche nicht unmittelbar durch die „moralischste Armee“ der Welt „bearbeitet“ werden, kann es schon sehr haarig werden für alle Kritiker der kolonialen Landnahme und den Massakern an palästinensischer Zivilbevölkerung. Neben den Massenaktionen von palästinasolidarischen Menschen rund um die Welt, gibt es da ja auch noch die jeweiligen Zionismus-Propagandisten und eine Unterdrückung des Protestes durch die jeweiligen Staatsapparate. Diese Unterdrückung findet unterschiedlich stark statt. Wahrscheinlich richtet sich das nach der Einschätzung, wie wichtig dieser zionistische Vorposten des Imperialismus für die Erhaltung des kapitalistischen Systems ist. In Deutschland jedenfalls kann man feststellen, dass es sowas wie bürgerliche Demokratie für palästinasolidarische Menschen nicht gibt, das erinnert sehr an die Verhältnisse während der Corona-Diktatur. Da werden massenhaft Kundgebungen, Demonstrationen und Tagungen unter fadenscheinigen Vorwänden verboten, da wird unter ebensolchen fadenscheinigen Vorwänden so manche Manifestation durch eine staatliche Bürgerkriegsarmee angegriffen und teilweise auseinandergejagt. Massenhaft Verletzte, unzählige Festnahmen, sind das Ergebnis eines außer Rand und Band geratenen Staatsapparates bis in die obersten Spitzen. Nicht selten ist dann die Erklärung für ein solch brutales Vorgehen, angeblich festgestellte antisemitische Parolen, oder Volksverhetzung. Mal abgesehen davon, dass in dem Zusammenhang wieder der bekannte hinkende Begriff auftaucht, ist tatsächlich bei der Überprüfung solcher Parolen in der Regel auch keine Judenfeindlichkeit festzustellen. In der Regel können auch weder die Zionisten, noch die Zionismus-Propagandisten, das schlüssig darlegen. Sie argumentieren über sieben Ecken, um irgendwie eine Judenfeindlichkeit darzustellen und es bleibt in der Regel doch nur heiße Luft. Als denkender kritischer Mensch, steht man daneben und wundert sich über solch kruden Unsinn.

 

Um den Wahnsinn aber vollends auf die Spitze zu treiben, werden gleich auch noch jüdische Menschen, die Kritik am mörderischen Zionismus üben, oder diesen sogar bekämpfen, ebenfalls zu Antisemiten deklariert. Und die Kritik von dieser Seite, ist eine ganz besondere Note in der palästinasolidarischen Solidaritätsbewegung. Rund um die Welt beteiligen sich massenhaft Menschen mit jüdischen Wurzeln an den palästinasolidarischen Manifestationen. Für uns ist das nicht verwunderlich, wir haben sowieso den Eindruck, dass Menschen mit jüdischen Wurzeln aufgrund ihrer Geschichte, überdurchschnittlich viele Fortschritts- und Freiheitsfreunde hervorbringen. Jahrhundertelange Verfolgung und Entrechtung, haben da wohl ihre Wirkung entfaltet. Für die Zionisten ist das allerdings ein Schlag ins Gesicht. Nicht nur das ja quasi fast die ganze Welt „antisemitisch“ ist nach deren Propaganda, bis auf ihrer Imperialistenfreunde natürlich, sondern das diese selbst von Menschen mit gleichen religiösen Wurzeln aufs Schärfste verurteilt und bekämpft werden, wegen ihres menschenverachtenden Terrors gegen hilflose Zivilbevölkerung. Nicht nur weltweit, sondern auch in Israel selbst. Bezüglich der diktatorischen Maßnahmen gegen palästinasolidarische Manifestationen, wäre vielleicht noch anzumerken, dass Manifestationen welche ebenfalls einen Bezug zur Auseinandersetzung in Palästina/Israel beinhalten, aber ein Hauptgewicht auf die Forderungen nach einem Kalifat und der Scharia legen, weitgehend unbeleckt bleiben vom ansonsten so brutal agierenden Staatsapparat. Gruppierungen, die zu solchen Manifestationen aufrufen, sind dann aber auch jene religiösen Fundamentalisten, zu denen der kapitalistische Staatsapparat und seine Untergliederungen sowieso eine starke Affinität haben.

 

Was kann man vielleicht unter dem Strich festhalten:

 

Antisemitismus ist der falsche Begriff, wenn es um Judenfeindlichkeit geht.

 

Jüdische Menschen sind in ihrer Mehrheit keine Zionisten, weder in Israel und weltweit erst recht nicht.

 

Die angeblich einzige Demokratie im Nahen Osten ist dies mitnichten. Ein Staat, welcher sich explizit als Staat der Juden versteht und seine arabischen Staatsangehörigen mit einer Art Apartheid überzieht, kann keine Demokratie sein. Und dabei sind die monströsen Verbrechen in den Besatzungsgebieten noch nicht einmal berücksichtigt.

 

Der Kampf für Freiheit und Souveränität, gegen zionistische Besatzung und Unterdrückung, ist nicht judenfeindlich, sondern international legitimiert als berechtigter Befreiungskampf.

 

 

K. Lehmann / Elke Haber    25.10.2024

 

 

P.S. Vielleicht auch interessant in diesem Zusammenhang:

EINIGE GEDANKEN.....über Islam und Islamismus (politischer Islam) und seinem Verhältnis zum Imperialismus     (K. Lehmann / Elke Haber vom 8.10.2024)

 

EINIGE GEDANKEN.....über das gezielte Töten von wehrlosen Zivilisten, unabhängig davon, wer solche Verbrechen verübt     (Einige Kollegen aus Berlin vom 22.10.2023)