Einige Gedanken .....
.....und Betrachtungen bezüglich der Demonstrationen anlässlich der Auseinandersetzungen in der Türkei
Das waren und sind ganz schöne
Eruptionen, die in der Türkei stattfinden, es muss in größeren Teilen der türkischen
Bevölkerung ein erheblicher Unmut über die gesellschaftlichen Bedingungen
herrschen. Mit bewundernswertem Mut haben sehr viele Menschen den brutalen
Angriffen der polizeilichen Bürgerkriegsarmee Widerstand geleistet und konnten
teilweise auch Erfolge erringen. Wie weit es allerdings gelingen kann, jetzt
auch kurzfristig politische Erfolge aufgrund
dieser Auseinandersetzungen zu erzielen, ist im Moment nicht abzusehen.
Als ein Betrachter von außen
kann ich zugegebener Weise teilweise auch nur Vermutungen anstellen über die
tatsächlichen Verhältnisse in der Türkei.
Da stößt einem zunächst aber
mal auf, dass die im Grunde recht nebensächliche Frage der Erhaltung eines
Parks scheinbar eine solche Wichtigkeit erlangt, dass die ganze Türkei
durcheinander gewirbelt wird. Es verwundert den Betrachter, dass andere, weitaus
wichtigere Widersprüche der türkischen
Gesellschaft, sozusagen nur am Rande erwähnt werden.
Es gibt eine große
Unzufriedenheit und Wut in beträchtlichen Teilen der Bevölkerung bezüglich
der Kriegstreiberei gegen den syrischen Staat. Die Praxis der türkischen
Regierung, die Türkei zur Basis der sogenannten Rebellen zu machen und darüber
hinaus die Einmischung der Nato in den innersyrischen Konflikt zu provozieren
und zu forcieren, erregt beträchtlichen
Unmut und Widerstand in Teilen der türkischen Bevölkerung.
Die Arbeiterklasse der Türkei
führt immer wieder heftige Kämpfe gegen ihre Unterdrückung und Ausbeutung,
die Unterdrückung von Frauen und andere Restriktionen durch die Vertreter der
islamistischen Ideologie stoßen auf immer mehr Widerstand in der Bevölkerung.
Ausgerechnet aber an der
Erhaltung eines Parks entzünden sich dermaßen heftige Auseinandersetzungen.
Bei dem Versuch dies zu
verstehen, fallen einem unwillkürlich die Verhältnisse in der damaligen BRD ab
den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts ein. Auch hier gab es immer mehr Unmut
in der Bevölkerung und insbesondere in der Arbeiterklasse. Und es bestand
durchaus eine Situation aus der heraus tatsächlich eine radikale Veränderung
der Gesellschaftsordnung möglich gewesen wäre.
Dies war dann auch der
Zeitpunkt zu dem immer massiver diese rückwärtsgewandte Öko-Ideologie in die
fortschrittliche Bewegung getragen wurde. Viele satte selbstzufriedene
Kräfte, gerne auch viele Beamte machten sich mit massiver Unterstützung
von Teilen der herrschenden Strukturen massiv daran ihr „Elitenprojekt-Ökologischer
Umbau der Gesellschaft“ sowohl in die fortschrittliche Bewegung wie auch in
die gesamte Bevölkerung zu drücken. Sie waren, was den Überbau und weite
Teile der damals fortschrittlichen Bewegung betrifft, sehr erfolgreich, Beiträge
welche sich kritisch mit der Öko-Ideologie auseinandersetzen, kann man
inzwischen mit der Lupe suchen.
Nicht wenige Vertreter dieser
Ideologie haben es im bürgerlichen Sinne auch zu etwas gebracht, die Öko-Kapitalisten
bilden ja inzwischen einen nicht unerheblichen Teil der hiesigen Kapitalisten.
Andere dieser ehemals vorgeblichen Linken sind in höchste Ämter dieses
kapitalistischen Staates gerutscht. Und um das Bild schön rund zu machen,
vertreten ja nun alle staatstragenden Parteien des Kapitalistischen Systems
entweder weitestgehend oder gänzlich die Öko-Ideologie, einschließlich der
Nazis.
In weiten Teilen der
sogenannten Normalbevölkerung wird mit diesen Fragen weitaus kritischer
umgegangen, Ursache dafür ist mit Sicherheit auch, dass insbesondere dieser
Teil der Bevölkerung unter den Auswirkungen, die durch die Umsetzung der Öko-ideologie
entstehen, massiv leiden muss.
Zurück zur Türkei, es ist
einfach nicht nachzuvollziehen, dass dieser Park solch eine Wichtigkeit haben
soll, dass dermaßen heftige Auseinandersetzungen stattfinden. Gibt es eine
Schicht in der Türkei, die auf Grund ihrer sozialen Lage gar nichts mitbekommt
von den wesentlichen Widersprüchen in der Gesellschaft oder war der Staat
selbst interessiert daran, an dieser Stelle eine Auseinandersetzung zu
entfachen. Auf alle Fälle dürfte es schwierig sein den Widerstand auszuweiten,
wenn sich bei dem Grund für den Widerstand im Wesentlichen auf den Park bezogen
wird.
Einiges
zu den Demonstrationen in Berlin
Es hat in Berlin diverse
Kundgebungen und Demonstrationen bezüglich der Vorkommnisse in der Türkei
gegeben, ausschließlich mit deutlicher Kritik an der Vorgehensweise des türkischen
Staatsapparates andere Manifestationen sind mir jedenfalls nicht bekannt.
Der Zulauf zu diesen
Manifestationen hält sich gemessen am Anlass aber eher in Grenzen, das war auffällig.
Kundgebungen am Kottbusser Tor hatten nur wenige Hundert Teilnehmer und wuchsen
auch nicht nennenswert an, trotz stundenlanger Dauer. Der von der Türkei
berichtete Zusammenhalt über alle möglichen Parteigrenzen hinweg, war hier
auch nicht unbedingt festzustellen.
Die sogenannten Kemalisten haben am 8.6.2013 eine Demonstration mit mehreren
Tausend Teilnehmern von der Urania durchgeführt, waren aber in der
Demonstration vom 9.6.2013 vom Hermannplatz nur geringfügig vertreten. Vor der
Türkischen Botschaft in Tiergarten demonstrierten mal die Kemalisten, ein
andermal die Aleviten. Sollte in der Türkei tatsächlich ein starker
Zusammenhalt spürbar gewesen sein, hier in Berlin war dies nicht der Fall. Dies
wird auch unterstrichen durch das Verhalten von Passanten und Anwohnern von Straßen,
durch die verschiedene Demonstrationen führten. Obwohl diese Demonstrationen
lange durch Straßen führten, in denen sehr starker türkischstämmiger Bevölkerungsanteil
ist, war die Zustimmung zu den Demonstrationen eher verhalten, oftmals konnte
man eine gewisse Distanziertheit bis zur Ablehnung feststellen.
Ein angenehmer und
motivierender Nebenaspekt bei diesen Manifestationen war allerdings, dass sehr
viele selbstbewusste ältere und jüngere Frauen teilnahmen, dieses Bild prägte
übrigens auch die Manifestationen in der Türkei. Bei diesen Frauen spürte man
deutlich, dass sie sich nicht durch frauenfeindliche islamistische Ideologie,
von wem auch immer vertreten, einschüchtern lassen. Weniger angenehm war die
teilweise ekelhafte Lobhudelei auf die hier herrschende Gesellschaftsordnung und
ihre Polizei.
In Frankfurt wurde etwa
zeitgleich mit den Auseinandersetzungen in der Türkei eine Demonstration unter
fadenscheinigen Vorwänden von der Polizei angegriffen. Unabhängig davon wie
man zum Bahnhofsneubau in Stuttgart steht muss man doch aber feststellen, dass
die Übergriffe der Polizei gegen Menschen, die gegen den Neubau demonstrierten,
eine vergleichbare Brutalität hatten, wie die Übergriffe in der Türkei. Nicht
die Dimension, nicht die Opferzahl, aber in der Menschenverachtung und Brutalität
durchaus vergleichbar.
Nehmen die Leute, welche eine
Lobhudelei auf die hiesigen Verhältnisse anstimmen, eigentlich irgendetwas von
der gesellschaftlichen Realität dieses Landes wahr. Die Berliner Polizei hätte
ihnen wahrscheinlich sehr schnell die hiesige Realität beigebracht, wenn sie
versucht hätten ähnlich zivilen Ungehorsam an den Tag zu legen wie in der
Ausgangssituation für die Auseinandersetzungen in der Türkei. Panzerwagen und
diverse Hundertschaften der Polizei standen in der Regel in der Nähe der
Manifestationen in Bereitschaft.
Wir müssen offensichtlich und
selbstverständlich alle voneinander lernen um dieses Menschen verschlingende
System des Kapitalismus endlich dahin zu befördern wo es hingehört, nämlich
auf den Müllhaufen der Geschichte wie es so richtig heißt.
Sowohl die Demonstration vom
9.6.2013 vom Hermannplatz mit mehreren Tausend Teilnehmern aber auch die
Demonstration am 11.6.2013 vom Kottbusser Tor mit vielleicht 500 Teilnehmern könnten
ein guter Anfang sein. Überwiegend kämpferisch, mit engagierten
Demonstrationsteilnehmern, die viele Parolen riefen, eine gute Mischung aus im
wesentlichen deutsch-und türkischstämmigen Menschen, da merkt man dann doch
was Demonstration sein kann.
K. Lehmann Berlin, den 14.06.2013